Pfützen

Pfützen

Fotos und Text: Mirja Busch

Die Pfütze wohnt in London. Es ist eine länglich-ovale Pfütze, ca.130 x 50 cm groß und 5 cm tief. Es ist eine dieser Pfützen, die fast immer da sind, auch viele Tage nach dem letzten Regen. Die Leute scheinen ihr keine Aufmerksamkeit zu schenken. Der Bürgersteig ist breit genug um einfach an ihr vorbei zu laufen. Kein Konflikt. Die Pfütze scheint sich einen eigenen Ort geschaffen zu haben; ein Existenzrecht an einem Platz, an dem sie das Leben der Straße auf ihrer Oberfläche reflektieren kann.

 

Pfützen entstehen nicht nur in Städten, sondern überall dort, wo Menschen Spuren hinterlassen. Folge einfach einem Pfad im Wald. Hier sammeln sich die Pfützen. Die Gehwege des modernen Urbanismus sind in der Tat die archetypische Umgebung von Pfützen. Pfützen gedeihen mit der Moderne, in modernistischen Umgebungen. Sie gehören zur Stadt dazu. Meist werden sie übersehen doch verweisen sie auf den Traum der kontrollierten Umgebung, der perfekten Oberfläche.

 

Pfützen reflektieren. Sie stellen Dinge auf den Kopf. Himmel auf dem Boden; Fenster auf dem Gehweg; Farbige Flächen auf grauer Fahrbahn. Manchmal hell und glänzend, manchmal transparent und schüchtern zeigen Pfützen Bilder, die sich mit jedem Schritt und Winkel ändern. Die Pfützen signalisieren nicht nur den Zerfall des Materials, sondern zeugen von der Hybridität der Stadt.

 

Pfützen kommen und gehen, sind anwesend oder abwesend. Die Orte bleiben die selben. Jede Pfütze ist anders. Kann man eine Stadt anhand ihre Pfützen erkennen? Gibt es so etwas wie die typische Londoner Pfütze? Wie unterscheiden sie sich von den Pfützen anderer Städte? Die aus Buenos Aires, aus Brüssel, aus Berlin?

 

Abbildungen aus: Pfützenarchiv

Das fotografische Pfützenarchiv (2010 – fortlaufend) beinhaltet derzeit eine Ansammlung von mehr als 2100 Fotos. Jedes Foto dokumentiert eine Pfütze aus inzwischen über 25 Städten.

Mo, 05/06/2019 - 11:18
Kurzbeiträge

Einwürfe

Tischlein Deck Dich Das Buch flavours & friends von TDD enthält Rezepte, ist die Dokumentation einer sozialen Raumpraxis und hält die Veränderungen Berlins fest.
Field Notes from Elsewhere Postkartenanleitungen zum Stadt-neu-sehen und -durchqueren von Jason Corff und Susanne Soldan
Nolli lesen Kathrin Wildner und Dagmar Pelger sprechen darüber, wie man Karten liest

Fundsachen

Malheur Couleur Die Farbe Weiß weckt zuallererst Assozia
Sechser Inflationär verbreitet: gepinselte Sechsen auf temporärem Stadtmobiliar. 
Catalogue of Street Furniture The Catalogue of Street Furniture by Natasha Krymskaya and Daniil Chikaev expresses love for scraps of wood, tattered oilcloth, pieces of organolith and other derelict materials.

Straßenszenen

Kabinett Gallery Die Kabinett Gallery nutzt ausgediente Kaugummiautomaten als Ausstellungsflächen im öffentlichen Raum
Zu Gast im 24. Stock Algisa Peschel, Stadtplanerin und eine der Erstbewohnerinnen des DDR-Wohnkomplexes in der Berliner Leipziger Straße lädt zu sich nach Hause ein.
10 Tage Jerevan Notizen ihres 10-tägigen Aufenthalts von Anna-Lena Wenzel

So klingt

die Platte Zwei Songtexte von WK13 und Joe Rilla bringen die Ost-Plattenbauten zum Klingen
der Görlitzer Park K.I.Z. rappt über den Görlitzer Park.
Pedestrian Masala Field-Recordings von Andi Otto aus Bangalore, Südindien.

So lebt

(e) es sich im Vertragsarbeiterheim in der Gehrenseestraße Im Februar 2023 lud ein Kollektiv[1] ein
man an der spanischen Touristikküste Architektur- und Reiseeindrücke von 2023/24 von Benjamin Renter, der an der spanischen Mittelmeerküste den Einfall der Investitionsarchitektur festgehalten hat.
es sich 20 Tage im Grenzturm Im Herbst 2019 hatten Kirstin Burckhardt